Elternfluesterer ™ Est. 2006
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↓Partnerkrise geht auch das Kind an!
↓Kind flüchtet in Phantasien!
↓Partner sprechen gemeinsam mit dem Kind!
↓Manche Probleme sind Erwachsenensache!
Eine Ehekrise geht Ihr Kind etwas an. Das Schlimmste ist, wenn es das Gefühl haben muss, nun ausgegrenzt, an den Rand geschoben zu werden. Gerade jetzt möchte es als Person, mit der man redet, ernst genommen werden. Ihr Kind gehört mitten hinein in das familiäre Geflecht. Es interessiert sich und hat es verdient, dass man es informiert. Sie müssen keine ausführliche Erklärung abgeben; es genügt schon, wenn Sie die offensichtliche Situation in Worte fassen:
"Ich streite mich zur Zeit sehr häufig mit Mama. Es fällt uns in dieser Situation sehr schwer, miteinander lieb zu sein und uns zu vertragen. Immer wieder bricht der Streit zwischen uns auf. Oft schreien wir uns an. Wir reden jetzt sehr wenig miteinander. Sonst haben wir viel mehr gemeinsam unternommen; jetzt ist oft jeder für sich allein. Häufig sind es nur Kleinigkeiten, die einen von uns stören. Dann brummeln wir schon oder verlassen das Zimmer. Du merkst es ja, weil wir auch in deinem Beisein laut und unfreundlich sind. Das ist nicht schön, aber es wäre ja auch nicht gut, wenn wir so täten, als sei alles in Ordnung. Wir versuchen, die Probleme, die wir haben, miteinander zu lösen. Wir geben uns Mühe; aber es wird noch einige Zeit so weitergehen mit uns. Im Augenblick wissen wir noch nicht, wie wir miteinander klar kommen können."
Versuchen Sie, offen und aufrichtig zu reagieren, wenn das Kind Sie mit seinen Beobachtungen konfrontiert. Diese Weise ist nicht ehrlich: "Ach, es ist nichts! / Nein, da täuschst du dich, wir lieben uns wie immer. / Was soll schon sein? Es hat sich nichts geändert. / Das hat doch nichts zu bedeuten!" Und diese Weise ist sogar ausgesprochen fies: "Was du immer zu beobachten glaubst! / Kümmere dich mal um deine eigenen Sachen! / Das geht dich überhaupt nichts an, was zwischen uns Erwachsenen läuft! / Dir sind wir doch keine Rechenschaft schuldig!"
Nehmen Sie das Kind als Gesprächspartner ernst. Wehren Sie nicht ab, als täusche es sich, und drängen Sie es nicht an den Rand der Familie. Das ist schon deshalb wichtig, weil es ansonsten an seiner Wahrnehmungsfähigkeit zweifelt. Es erlebt doch die Konflikte.
Wenn Sie in einer Situation, die Ihr Kind belastet, nicht mit ihm reden, beginnt es, mit sich selbst zu reden, zu grübeln und sich gedanklich im Kreis zu drehen. Sie wissen, wie zermürbend solche Situationen selbst für Erwachsene sind, wie sie die Konzentration und den Schlaf rauben können. Es ist so einfach, das Kind davor zu bewahren.
Wenn es keine Antworten erhält, macht es sich seine eigenen Gedanken. Diese Phantasien können mit der Realität kaum übereinstimmen, da das Kind viel zu wenig Erfahrung mit ehelichem Zusammenleben und den damit verbundenen Konflikten hat. Ein gesundes Verstehen des Zusammenlebens von Mann und Frau und den damit verbundenen Anforderungen wird ihm verbaut, wenn es die Realität oft durch seine Phantasie ersetzen muss. Es wird später in seiner eigenen Partnerbeziehung Probleme haben, Realität und Phantasie zu erkennen und zu trennen.
Bestätigen Sie das Interesse des Kindes:
"Ja, das siehst du ganz richtig. Wir tun uns seit einigen Tagen schwer miteinander. Mama und ich haben schon darüber gesprochen, aber wir sind noch nicht so weit, dass wir uns wieder vertragen können. / Du spürst das sehr gut! Ja. Wir sind zur Zeit nicht so liebevoll zueinander, wie du es gewohnt bist. Erwachsene haben das manchmal, dass sie an der Liebe des anderen zweifeln. Dann ist man misstrauisch und ablehnend. So fühlen wir uns gerade. Wir müssen uns über unsere Gefühle füreinander klar werden. / Ja, ich merke, wie du jedes Mal erschrickst und Angst bekommst, wenn wir so explodieren. Es tut mir Leid. Wir haben uns selbst zur Zeit nur sehr schwer unter Kontrolle."
Manchmal können Sie nicht sofort auf die Fragen des Kindes eingehen, weil Sie gerade mit anderen Dingen bzw. Personen beschäftigt sind, zu angespannt bzw. gefühlsmäßig zu sehr betroffen sind oder Ihnen einfach die Worte fehlen. Stoßen Sie in solchen Situationen das Kind nicht zurück, es wird sich ansonsten schwer tun, Sie erneut anzusprechen. Wenden Sie sich ihm kurz positiv zu, bestärken Sie es mit Ihren Blicken und ggf. einer freundlichen Berührung. Nennen Sie einen verlässlichen Zeitpunkt am selben Tag, an dem Sie mit ihm ausführlich sprechen werden:
"Ja, mein Schatz, darüber spreche ich gern mit dir. Lass mir aber bitte noch etwas Zeit, ich möchte erst noch einmal darüber nachdenken. Heute Nachmittag, nehmen wir zwei uns Zeit, und ich werde es dir in Ruhe erklären. / Gut, dass du mich fragst. Ich wollte auch schon mit dir darüber sprechen. Hab noch ein wenig Geduld, ich muss noch etwas erledigen. In einer Stunde kannst du mir all deine Fragen stellen. Dann bin ich ganz für dich da."
Ab dem Kindergartenalter kann man mit Kindern ein geplantes Gespräch führen. Nutzen Sie dies, möglichst mit dem Partner gemeinsam. Überlegen Sie vorher, welche Inhalte das Gespräch haben kann. Neben einfachen, ehrlichen Erklärungen sollten Sie auch hoffnungsvolle Perspektiven nennen.
Sie dürfen Ihre unterschiedlichen Gesichtspunkte in Ruhe erläutern, aber sich während dieses Gespräches nicht streiten. Dass Sie in dieser Weise gemeinsam das Kind wichtig nehmen, wird ihm ein Gefühl der Geborgenheit geben. Es erkennt daran, dass seine Eltern in heftigen Krisen nicht nur hilflos sind, sondern die Erziehungsverantwortung gemeinsam tragen können. Motivieren Sie Ihren Partner dazu:
"Wir müssen mit Sascha sprechen. Eine Möglichkeit ist, dass das einer von uns für beide übernimmt; oder wir uns getrennt mit ihm unterhalten. Doch für ihn wäre es sehr gut, wenn wir das zusammen schaffen. Das zeigt ihm, dass es doch starke Gemeinsamkeiten zwischen uns gibt, zumindest was ihn angeht. Wie können wir ihm unsere Situation mit einfachen Worten einsichtig machen? Worauf muss Sascha sich einstellen; wie wird es weitergehen? Wo liegen unsere Unterschiede, wo unsere Gemeinsamkeiten? Was ist unsere gemeinsame Linie für die Zukunft?"
In die Gespräche gehört jetzt oft die Versicherung, dass Ihr Kind nicht die Ursache der Krise ist, es keine Schuld trifft, es durch sein Verhalten Ihre Partnerprobleme nicht lösen kann und Ihr Verhältnis zu ihm liebevoll ist und bleiben wird.
Ehrlich und so konkret wie möglich sollten Ihre Auskünfte sein. Dabei wahren Sie natürlich Ihren eigenen Intimbereich. Manches ist und bleibt Erwachsenensache. Doch auch über die Liebe der Partner kann man schon mit den Kleinen sprechen:
"Mann und Frau haben manchmal ganz andere Probleme miteinander als Kinder. Sie sind zusammen, weil sie sich lieben und lieb haben möchten. Sie möchten sich streicheln, küssen und die Sehnsucht befriedigen, die sie füreinander empfinden. Doch manchmal zweifelt einer an der Liebe des anderen. Manchmal sind sich beide nicht sicher, ob sie sich noch so sehr lieben. Aus der Unsicherheit entsteht dann leicht ein typischer „Erwachsenenstreit“. Mama und ich sind in einer solchen Phase. Wir müssen uns beide klar werden, welche Gefühle wir füreinander haben. Wir setzen uns darüber auseinander, was wir voneinander erwarten, wie viel Liebe und wie viel Zusammensein. Das ist sehr wichtig für uns. Daher werden wir noch oft darüber streiten."
© Dieser Artikel erschien erstmals im Buch "Gestresste Eltern - Starke Kinder", Frank Maibaum, J. F. Steinkopf Verlag, Kiel 2004. Alle Rechte beim Autor.